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Mikrofotografie mit der Nikon 1J5 - eine preiswerte Lösung für hochwertige Dokumentation
20.08.2016
Die Anpassung digitaler Kameras an den Strahlengang moderner Lichtmikroskope stellt immer wieder eine besondere Herausforderung dar. In den vergangenen Jahren habe ich zahlreiche Möglichkeiten ausprobiert und Erfahrungen gesammelt. Bedauerlicherweise fokussieren sich alle Mikroskophersteller ausschließlich auf ihre eigenen Spezialkameras, die mechanisch über die C-mount Schnittstelle verbunden werden. Durch die hohe Spezialisierung der Anwendungsbereiche und die geringen Stückzahlen liegen diese Kameras im hochpreisigen Bereich. Für die Anpassung an Kleinbildkameras bestehen Lösungen, diese sind aber mechanisch aufwendig und teilweise nur noch aus Lagerbeständen zu beziehen. Meines Wissens bietet nur Zeiss Adaptionslösungen für digitale Consumerkameras an, passend für die Mikroskope von Zeiss.
Prinzipiell können alle Kameras mit abnehmbaren Objektiv an Mikroskope angepasst werden, die Lösungswege sind jedoch teilweise aufwendig. Die zentrale Problematik besteht darin, die Größe des Bildsensors der Kameras an das optische Bild der Mikroskope anzupassen. Ist der Sensor klein, kann praktisch das Zwischenbild verwendet werden, direkt projiziert auf den Sensor. Ist der Sensor groß, Beispiel Vollformat 24x36mm, wird eine Zwischenoptik in Form eines Projektives benötigt, ein Ansatz, der technisch aus der analogen Zeit vielfach noch verfügbar ist.
In diesem Erfahrungsbericht beschränke ich mich auf die Möglichkeit, das Zwischenbild moderner Mikroskope direkt auf einen Sensorchip zu projizieren. Bei Mikroskopen älteren Baujahres ist das Zwischenbild jedoch oft chromatisch und sphärisch nicht vollständig auskorrigiert, hier muss ein korrigierendes Projektiv eingesetzt werden.
Weiterhin wird auch keine Anpassungsoptik verwendet, die mechanische Schnittstelle ist hierbei das verbreitete C-mount. Leica hat für diesen Fall ein mechanisches Verbindungsstück in Form eines Rohres ohne Optik im Programm, entwickelt für Kameras mit einer Chipdiagonale von 1 Zoll:
Zusätzlich wird noch ein Adapterring von C-mount auf Nikon-1 Bajonett benötigt, der hier rechts abgebildete enthält noch einen Chip, der der Kamera vorgaukelt, dass ein Objektiv verbaut ist. So wird sichergestellt, dass die Kamera auch per WLAN Verbindung über eine App ausgelöst werden kann. Mit diesen Komponenten ergibt sich ein aufgenommenes Bildfeld wie in diesem Schema gezeigt :
Für dieses Abbildung wurde ein Objektmikrometer mit einer Nikon Coolpix 990 durch ein Mikroskop-Okular mit einer Sehfeldzahl 22 aufgenommen, eine Strichplatte für die Foto-Dokumentation war eingelegt. Dies entspricht genau dem Bild, dass man durch dieses Okular bei Direkt-Beobachtung sieht.
Man erkennt den Einfluss unterschiedlicher Sensorgrößen auf den aufgenommenen Bildbereich. Der Sensor der N1 harmoniert sehr gut mit der angegebenen Markierung auf der Strichplatte und ermöglicht so ein Aufnahmeformat, dass den Bereich der besten Abbildung der Mikroskopobjektive berücksichtigt. Schaut man die Bilder später auf einem Monitor an, erscheinen die Objekte in einer ausgewogenen Größe, so wie im Okular bei direkter Beobachtung. Haben die Kameras größere Sensoren, wie hier gezeigt FT oder APSC, erscheinen die Objekte später zu klein, es muss nachvergrößert werden oder ein stärkeres Objektiv eingeschwenkt werden. Zudem lässt die Abbildungsqualität der Mikroskopie-Objektive am Bildrand nach.
Optisch passt also das Sensorformat der N1 perfekt zum Zwischenbild moderner Mikroskope. Doch wie steht es mit der Bildqualität ? Prinzipbedingt zeigen kleine Sensoren mit hoher Pixeldichte eher einen schlechteren Dynamikumfang und ein stärkeres Rauschen als mechanisch größere Sensoren. Diese Erfahrung kann ich für das Vorvorgängermodell N1J1 bestätigen, für das aktuelle Modell N1J5 gilt dies jedoch keineswegs mehr. Der Fortschritt in der Sensortechnologie ist erheblich. Mittlerweile zieht der kleine Sensor mit den Sensoren aktueller APSC Spiegelreflex-Kameras gleich. Im Internet findet man sehr viele Erfahrungsberichte über die Nikon 1J5 mit diesem positiven Ergebnis, die ausführliche Erklärung technischer Details ist dort nachzulesen und würde hier zu weit führen. Die Bildqualität wird wesentlich bestimmt durch eine Belichtung der Sensor-Rückseite, die eine Flächen-Vergrößerung der Einzelpixel mit sich bringt und das Fehlen eines Tiefpass-Filters. Weitere theoretische Abhandlungen über Abtasttheoreme und Auflösung mikroskopischer Strukturen mit verschiedenen Mikroskopobjektiven möchte ich hier ebenfalls nicht weiter verfolgen und verweise hierzu insbesondere auf das deutsche Mikroskopie-Forum.
Mechanisch auf ein Mikroskop gebaut sieht das Ganze dann wie folgt aus :
Der hier gezeigte Tubus gehört zur DMLS Labormikroskop-Serie von Leica.
Dieser gehört zur DMLB Labormikroskop-Serie von Leica.
Durch den schwenkbaren Monitor ergibt sich ein sehr ergonomisches Arbeiten. Der Monitor der N1J5 ist zudem berührungs-sensitiv, die Auslösung erfolgt wie bei Smartphones üblich durch Berührung. Erfolgt dies vorsichtig und konzentriert, ist eine Verwacklung ausgeschlossen. Natürlich kann die Kamera auch über WLAN ausgelöst werden, die App für das Smartphone oder Tablet hört auf den Namen Nikon WMU und ist kostenlos für Android und iOS zu haben. Voraussetzung ist allerdings ein C-mount Adapter mit eingebautem Chip, ansonsten verweigert die App das Auslösen. Zudem bietet Nikon WMU nur äußerst rudimentäre Funktionen ohne viele gewohnte Einstellmöglichkeiten, schade.
Die Nikon N1J5 hat einen vollelektronischen Verschluss, eine mechanische Verwacklung wie bei vielen mechanischen Verschlüssen ist ausgeschlossen, erst recht, wenn per Funk ausgelöst wird. Der bewährte Infrarot-Auslöser der älteren N1 Modelle steht leider nicht zur Verfügung, ausschließlich das fernsteuern per WLAN. Da jedoch die Kosten für diese Adaption mit ca. 500 EU für alle Komponenten überschaubar ist, kann man diese Unbequemlichkeiten verschmerzen.
Um einen Eindruck der Möglichkeiten der Kamera zu geben, folgen hier einige Beispielbilder.
Hier wurde ein Objektmikrometer mit einem 40x Objektiv aufgenommen, um insbesondere chromatische Aberrationen an den Kontrastkanten zu visualisieren. Offensichtlich ist das Zwischenbild sehr gut korrigiert, chromatische Aberrationen sind nicht zu erkennen.
Die 4 Bilder im Hellfeld mit den angegebenen Objektiven zeichnen ein klares, gut durchgezeichnetes Farbbild und scharfe Strukturen.
Diatomeen-Schalen wurden traditionell verwendet, um die Auflösung mikroskopischer Objektive zu beurteilen. Die feinen Strukturen stellen hohe Anforderungen an die optische Übertagung im gesamten System Objektiv-Kamera. Die Aufnahmen erfolgten im differentiellen Interferenzkontrast mit einem 40x Objektiv, die Insets zeigen jeweils den vergrößerten Ausschnitt in den blauen Rahmen.
Fazit
Insgesamt bietet die hier gezeigte Adaption eine preislich moderate Möglichkeit, publikationsreife mikroskopische Bilddokumentation zu betreiben. Dabei brauch man nicht auf die mittlerweile gewohnte intuitive Kamera- Bedienung zu verzichten, die sehr stark an moderne Smartphones angelehnt ist.